Best Practices

Dos und Don’ts beim Engagieren eines Rechtsanwalts

Photo by Dayne Topkin on Unsplash
May 31, 2018

Anwält*innen sind für das Management deiner Karriere unerlässlich. Wir haben einige dazu befragt, wann und warum du sie einschalten solltest.

Anwält*innen haben schon seit jeher einen schlechten Ruf. „Lasst uns alle Anwälte töten“, verlangt der Metzger Dick in Shakespeares Heinrich VI., Teil 2. Aber der Metzger hätte vielleicht einen anderen Ton angeschlagen, hätte er je den Wortlaut einer Lizenzvereinbarung für Synchronisationsrechte verstehen oder die Details zum Sample-Clearing verhandeln müssen. Musiker*innen haben es im Laufe ihrer Karriere mit unzähligen höchst komplizierten Rechtsangelegenheiten zu tun. Gute Anwält*innen zählen daher oft zu den wichtigsten Mitgliedern deines Teams.

Dennoch kann man es jungen Künstler*innen kaum zum Vorwurf machen, dass sie sich nicht für Musikrecht interessieren. Schließlich entscheidet sich niemand aufgrund einer großen Begeisterung für Verträge fürs Musikmachen. Aber genau aus diesem Grund ist es so wichtig, genau zu wissen, wann du welche Anwält*innen einschalten solltest: Sie halten dir rechtlich den Rücken frei, damit du dich auf deine Leidenschaft konzentrieren kannst – die Musik.

Vielleicht überrascht es dich, auf wie viele unterschiedliche Arten Anwält*innen dich in nahezu jedem Bereich deiner Karriere unterstützen können. Das reicht von Merchandising-Deals über Tour-Gebühren bis hin zu den Eigentumsrechten an deinen Werken. Du musst die Provision für deine*n Manager*in verhandeln? Überlass das deinen Anwält*innen. Du engagierst ein*e Producer*in oder Remixer*in? Wende dich an deine Anwält*innen, denn du musst noch die Vorauszahlung und/oder den Anteil an deinen Lizenzzahlungen für deine*n Partner*in klären. Ist eine Film- oder Fernsehproduktion an den Lizenzrechten zu deiner Musik interessiert? Dabei könnten bedeutende langfristige Auswirkungen auf die Lizenzzahlungen zu berücksichtigen sein, also solltest du dich besser absichern.

Um dich mit den Grundlagen vertraut zu machen, haben wir mit drei erfahrenen Musikanwält*innen gesprochen und ihre Ratschläge hier zusammengefasst. Weitere Tipps für die Zusammenstellung des perfekten Teams für deine Karriere findest du in dieser Folge unserer eigenen Videoserie The Game Plan .

Nimm Kontakt auf

„Musiker*innen ist gar nicht bewusst, was sie alles nicht wissen. Das ist ziemlich erschreckend“, erklärt Colin Maher Esq., der Inhaber von Whiskey Ghost Entertainment LLC in Nashville. „Wenn du etwas unterschreibst oder über eine Partnerschaft nachdenkst, würde ich empfehlen, mit einem Anwalt oder einer Anwältin Kontakt aufzunehmen.“

Er betont, dass für Musiker*innen kein Risiko besteht, wenn sie sich an Anwält*innen wenden. „Größtenteils verlangen Anwält*innen kein Geld dafür, wenn du ihnen eine Frage stellst. Falls doch, solltest du mit ihnen nicht zusammenarbeiten.“

Betrachte deine Musik als Unternehmen

Vladimir Radovanov Esq., ein Musikanwalt in Los Angeles, schlägt vor, die Teams von Künstler*innen als Unternehmen zu sehen. „Die Manager*innen sind CEOs, Business-Manager*innen sind CFOs, Anwält*innen sind Rechtsberater*innen und die Künstler*innen sind die Inhaber*innen aller Unternehmensanteile und letztendlich in allen Bereichen entscheidungsberechtigt.“

Maher stimmt ihm zu. „Du bist Unternehmer*in. Geh davon aus, dass du mit deiner Musik sehr erfolgreich sein wirst. Betrachte den Song, den du gerade aufnimmst, als Projekt im Wert von mehreren Millionen und vergiss, dass du dafür nur 500 Dollar bezahlst. Denn sonst entstehen Probleme. Du musst von Anfang an alles richtig angehen.“

Bezahle niemals für Auftritte

Vielleicht hast du schon einmal Werbung für eine Möglichkeit gesehen, an einem renommierten Veranstaltungsort aufzutreten oder bei einer Talentshow mitzumachen, bei der sogenannte „Trendsetter*innen“ anwesend sind. Diese Chance kannst du ergreifen, indem du 15 Tickets im Voraus kaufst (die du natürlich an deine Freund*innen weiterverkaufen kannst) oder ein paar Dokumente unterschreibst, die den Organisator*innen die Rechte an einem oder mehreren deiner Songs abtreten.

Annie Lin war früher als Sängerin und Songwriterin auf Tour, bevor sie eine Karriere als Musikanwältin in San Francisco begann. Sie warnt Künstler*innen vor diesen Konzepten. „Bei kreativer Kunst können die Werke manchmal so persönlich und bedeutend sein, dass Künstler*innen bei gewissen Angeboten die Risiken übersehen“, erklärt sie.

„Mir gefällt es gar nicht, wenn verzweifelte oder unwissende Künstler*innen Bedingungen zustimmen, die sie dazu zwingen, für ihre Auftritte zu bezahlen. Natürlich müssen Künstler*innen oft die Kosten für Tools tragen. Falls dich jedoch jemand auf der Straße anspricht und dir große Wunder verspricht, wenn du nur einen Vertrag unterschreibst, dann hoffe ich, dass du Ressourcen zur Verfügung hast, um genau zu prüfen, ob das wirklich gut für dich ist.“

Hoffe das Beste, sei auf das Schlimmste gefasst

„Wenn ich gemeinsam mit einem*einer Partner*in ein Café eröffne, bespreche ich vorher alle Geschäftsbedingungen, bevor ich mich daran beteilige“, sagt Maher. Er betont, wie wichtig es ist, frühzeitig ehrliche Gespräche zu führen. Ist deine Gruppe eine Aktiengesellschaft oder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung? Die Bundessteuerbehörde wird sich einschalten, sobald du anfängst, Geld zu verdienen. Ist jedes Mitglied in deinem „Unternehmen“ gleichberechtigt? Können alle einfach gehen, wann sie möchten? Wem gehört dein Bandname?

Maher hat einmal eine Band beim Erstellen einer internen Vereinbarung beraten. Die Mitglieder haben sich aber nie Gedanken darüber gemacht, wer welchen Anteil der Rechte an ihren Kompositionen und Master-Aufnahmen besitzt. Nachdem die Band sich getrennt hatte, begann ein bitterer Rechtsstreit.

„Künstler*innen fällt es schwer, so zu denken, da sie zusammen mit Freund*innen Kunst machen – was soll da schon schiefgehen? Doch du musst einfach davon ausgehen, dass nicht alles gut gehen wird, und entsprechend planen, solange die Dinge noch im Reinen sind. Oft ist es den Mandant*innen unangenehm, wenn ich diese Themen anspreche – sogar wenn sie sich alle völlig einig sind. Über solche Sachen möchten sie einfach ungern sprechen. Aber diese Angelegenheiten sollten geklärt sein, wenn es plötzlich um sehr viel Geld geht.“

Unterschreibe zum richtigen Zeitpunkt

Radovanov behauptet, dass es für einen Plattenvertrag einen richtigen und einen falschen Zeitpunkt gibt. „Dir muss klar sein, wo genau du in deiner Karriere stehst, und du musst den Mut haben, zu sagen: ‚Jetzt im Moment nicht‘.“

Die Fähigkeit, ein Angebot abzulehnen oder, wie Radovanov es nennt, „auf sich selbst zu setzen“, ermöglicht es Künstler*innen und ihren Anwält*innen, den bestmöglichen Vertrag auszuhandeln. „Ich habe hier ein abschreckendes Beispiel“, fährt er fort. „Vielleicht hattest du gerade einen guten Moment und du bekommst einen Vertrag angeboten. Du tust alles dafür, diesen Plattenvertrag abzuschließen, weil du glaubst: ‚Das ist es. Diesen Vertrag müssen wir unterschreiben.‘ Dann kommt die Platte heraus und läuft nicht gut und das Label lässt dich wieder fallen. Das ist enorm demoralisierend und jetzt bist du ‚beschädigte Ware‘. Wenn du nicht gerade stark im Aufschwung bist – vor allem gestützt durch viele Fans – könnte es kontraproduktiv sein, einen Vertrag zu unterschreiben.“

Ebenso erklärt Radovanov: „Wenn du dir gerade etwas aufbaust und das Angebot jetzt ausschlägst, wird es wahrscheinlich später mit besseren Konditionen erneut auftauchen. Dann bist du in einer besseren Position für Verhandlungen, weil du mehr zu bieten hast.“

Bringe dich mit ein

Auch wenn Anwält*innen von Künstler*innen laut Lin „rechtlich und ethisch dazu verpflichtet sind, dich nach besten Wissen und Gewissen zu vertreten“, ist es unerlässlich, dass Künstler*innen sich selbst ebenfalls am Geschehen beteiligen. Radovanov sagt: „Wenn Künstler*innen die Konsequenzen eines Vertragsabschlusses verstehen, können sie sich eine klare Meinung darüber bilden, wie der Vertrag strukturiert werden soll. So kann ich bessere Zugeständnisse aushandeln.“

„Noch bevor ich mir den Vertrag angeschaut habe, stelle ich meinen Mandant*innen gerne die Frage: ‚Was meinst du, was drinsteht?‘ oder ‚Was sollte drinstehen?‘“, erzählt Maher.

Vertragsverhandlungen mögen vielleicht nicht zu den Stärken der meisten Künstler*innen gehören, häufig kann es aber einen großen Unterschied machen, wenn sie sich am Prozess beteiligen. „Die wichtigste Ressource hierfür“, so Radovanov, „ist das Buch von Donald Passman [ All You Need to Know About the Music Business ]. Alle, die in dieser Branche arbeiten oder sich damit auskennen möchten, sollten ein Exemplar davon besitzen.“

„Wir sind von unseren Mandant*innen beauftragt“, fährt er fort. „Wir können viel erreichen, wenn diese dazu bereit sind, selbst eine gewisse Haltung einzunehmen, anstatt nur zu sagen: ‚Machen Sie das mal für mich. Ich möchte mich damit nicht befassen.‘“

– Nate Baker

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