Best Practices

Dos und Don’ts beim Aufnehmen von Künstler*innen-Fotos

The rapper YG, photographed by Misha Vladimirskiy for the series "My Own Devices"
April 26, 2018

Ein erfahrener Fotograf teilt seine Tipps und Tricks für die perfekte Aufnahme.

Wir alle kennen das Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als Tausend Worte“. Und laut Misha Vladimirskiy können es auch mehr als Tausend Streams sein. Wie man von einem Fotografen und passionierten Musikfan vielleicht erwartet, hört er Künstler*innen manchmal nur deshalb, weil ihm das Profilbild auf Spotify gefällt – und er ist damit nicht der Einzige.

„Ich gehöre zu einer relativ kleinen Gruppe von Personen, die so denken, weil ich ein visueller Mensch bin“, räumt er ein. Er betont jedoch auch, dass Künstler*innen sich eine Gelegenheit, Fans zu gewinnen, entgehen lassen, wenn sie sich nicht die Zeit nehmen, ein gutes Bild zu erhalten. „Ein Foto ist äußerst wichtig für Marketing und Promotion, auch weil es etwas ist, das Fans unter Umständen auf ihrem Profil veröffentlichen und teilen. Und wenn dein Foto kacke aussieht, dann wird es eben nicht so oft geteilt.“

Vladimirskiy arbeitete zunächst im Bereich Partyplanung und Promotion, er dokumentierte die Clubnächte seiner Freund*innen in San Francisco und wechselte dann schließlich zur Fotografie. Er war einer der Ersten, der Lady Gaga vor seiner Linse hatte. Er hat Porträt- und Liveaufnahmen von Künstler*innen wie Phoenix und den Rolling Stones gemacht und die Kreativagentur FilterlessCo mitgegründet. Während etablierte Künstler*innen sich für gewöhnlich im Bereich Medien recht gut auskennen und „Bescheid wissen“, hat Vladimirskiy Erfahrung damit, die weniger erfahrenen durch den Prozess zu coachen. Natürlich bringt er seine eigenen Ideen ein, aber er betont, dass das Ergebnis immer am besten ist, wenn Künstler*innen und Fotograf*innen aktiv zusammenarbeiten.

„Es liegt an ihnen, herauszufinden, was sie wollen. Und ich finde, es ist unglaublich wichtig, sich selbst als Künstler*in zu vertrauen“, so Vladimirskiy. „Zum Glück haben viele Bands bereits eine Vision. Manchmal ist diese Vision noch nicht perfekt und man muss ihr einen Schubs in die richtige Richtung geben.“

Two Gallants

Two Gallants

Er räumt ein, dass dank der Verbreitung von Digitalkameras „jede*r ein*e Fotograf*in ist“. Aber er ist der Meinung, dass es sich dennoch lohnt, einen Profi für die Aufnahme zu bezahlen. „Man sieht es“, sagt er. „Nicht immer, aber man merkt, wenn jemand Geld sparen wollte.“ Es gibt so viele junge professionelle Fotograf*innen, die versuchen, ihr Portfolio aufzubauen und die bereit sind, für ein paar hundert Dollar zu arbeiten. Egal, ob du gerade deinen ersten Vertrag unterzeichnet hast oder deine erste Single hochlädst, hier sind Vladimirskiys Tipps für das Engagieren eines*einer Fotograf*in – und welche Fallstricke du besser vermeiden solltest. (Du bist gemeint, Ziegelmauer.)

Nimm dir etwas Zeit, deine*n Fotograf*in kennenzulernen

Jede*r Künstler*in ist anders und das gilt sowohl für Musiker*innen als auch für Fotograf*innen. Deshalb empfiehlt Vladimirskiy, sich etwas Zeit zu nehmen und sich mit dem*der Fotograf*in zu unterhalten, um vor dem Shooting sicherzugehen, dass man auf einer Wellenlänge ist.

„Triff deine Entscheidung nicht nur, weil jemand berühmt ist. Such dir eine*n Fotograf*in, der*die dir wirklich gefällt und mit dem*der du dich verstehst“, empfiehlt Vladimirskiy. „Und dann triff dich mit dieser Person und sprich mit ihr. Nur weil du die Arbeit von jemandem toll findest, heißt das nicht, dass du mit dieser Person auch zusammenarbeiten möchtest. Möglicherweise fühlst du dich mit ihrem Arbeitsstil unwohl und dann werden die Fotos nicht gut aussehen.“

Auch wenn du es vielleicht eilig hast, lohnt es sich, sich ein paar Minuten Zeit zu nehmen und wirklich über das Bild zu sprechen und festzulegen, was du ausdrücken möchtest. Manchmal werde das Shooting viel zu schnell abgewickelt und das sei nicht ideal, meint Vladimirskiy. „Ich hasse es wirklich, wenn sie sagen: ‚Du hast fünf Minuten.‘ Und du kannst nur antworten: ‚Toll, danke.‘“ Wenn du und der*die Fotograf*in eine Beziehung aufbaut, erhältst du nicht nur ein besseres Bild, sondern dir eröffnen sich unter Umständen neue Chancen.

„Vielleicht schießt diese*r Fotograf*in viele Fotos für eine richtig geile Zeitschrift oder eine echt bekannte Marke“, sagt er. „Dein*e Manager*in weiß das womöglich gar nicht. Und auf einmal bekommst du einen Anruf, weil der*die Fotograf*in eine Kampagne für Nike macht und sagt: ‚Ich finde euch toll‘. Man kann nie wissen.“

Bleib standhaft

Vladimirskiy kennt einige Horrorgeschichten von Bands, die sich gezwungen gefühlt haben, High-Fashion-Couture bei Shootings für Zeitschriften zu tragen, und Fotograf*innen, die ihren Kund*innen ihre fragwürdigsten kreativen Ideen aufgedrängt haben. Damit kommen sie normalerweise nicht durch, „aber in 10 % der Fälle sagt die Band dann doch: ‚Okay, wir probieren es‘. Und natürlich bereuen sie es dann im Nachhinein.“ Denk einfach dran, dass du immer „Nein“ sagen kannst.

Und du musst auch keine respektlosen Kommentare oder Aktionen, die dir unangenehm sind, tolerieren.

„Ich hab das schon erlebt. Der*die Fotograf*in sagt etwas und die Band antwortet einfach nur: ‚Wow, wow, okay‘“, so Vladimirskiy. „Das passiert normalerweise, wenn es eine Sängerin ist und der Fotograf oder die Fotografin etwas wirklich Seltsames sagt. Und ab da geht’s bergab.“ Vergiss nicht, du bezahlst für eine Dienstleistung und du musst dir schlechtes Verhalten nicht gefallen lassen. „Du solltest dich am Set immer wohlfühlen. Du solltest nie das Gefühl haben, dass dir niemand zuhört oder jemand etwas tut, das du eigentlich gar nicht möchtest.“

Sei du selbst, niemand anderes

Du möchtest auf dem Foto so gut wie möglich aussehen. Aber auch wie du selbst. Vladimirskiy sagt, dass das Stylen und Auswählen der Kleidung im Vorfeld nützlich ist und dass du die bestmögliche Version von dir und nicht die eines*einer anderen Künstler*in anstreben solltest. „Ich habe auf jeden Fall schon Situationen gehabt, in denen ich mir dachte: ‚Wow, das ist ziemlich übertrieben, Kumpel. Komm schon, sei du selbst.‘“

Er betont, dass er Stylist*innen mag, aber genau wie mit Fotograf*innen ist es wichtig, den*die richtige*n zu finden. Wenn du in deinem Herzen der Holzfällertyp bist, kämpf nicht dagegen an – mach es dir zu eigen. „Stylist*innen leisten großartige Arbeit. Aber diese Person muss dich auch als Künstler*in verstehen“, sagt er. „Eine*n Stylist*in zu haben, der*die dich in coole Outfits stecken will, nur weil sie gerade angesagt sind, bringt nichts. Das wird scheitern und nach hinten losgehen, du wirst aussehen wie ein Pinguin.“

Make-up? Die Entscheidung liegt bei dir

Wie bei einem*einer Stylist*in kann es sich lohnen, eine*n Maskenbildner*in zu engagieren, aber Vladimirskiy weist darauf hin, dass Künstler*innen sich nicht unter Druck gesetzt fühlen sollten, es zu übertreiben und einen Look zu wählen, der nicht zu ihnen passt.

„Es kommt immer drauf an“, sagt er. „Manchmal ist es großartig, vor allem für die Gesamtästhetik. Es liegt an der jeweiligen Person, ob sie es möchte. Ich persönlich bin kein großer Fan von ‚Dein Make-up muss perfekt sein, du musst all dieses Zeug haben, weil du ein*e Musiker*in bist‘. Deine visuelle Ästhetik sollte dich widerspiegeln.“

Wie immer sollten sich Künstler*innen nicht unter Druck gesetzt fühlen, etwas zu tun, das sich nicht authentisch anfühlt.

„Du musst ehrlich und transparent darüber sein, wer du bist“, sagt er. „Make-up wird Frauen oft aufgezwungen. Und ich finde, dass das nicht ganz fair ist, die ganze Sache mit der perfekten Haut oder dem perfekten Make-up. Das sollte nicht das Leben einer*eines Sänger*in sein. Wenn sich jemand gerne schminken lässt und Make-up liebt, dann sollte er*sie das tun. Wenn nicht, dann sollte man es nicht erzwingen, finde ich.“

Hab keine Angst, etwas zu wagen

Bands, die gerade an ihrem ersten Album arbeiten oder bei einem kleinen Label unter Vertrag stehen, haben vermutlich nicht die finanziellen Mittel, um Größen wie David LaChapelle oder Anton Corbijn zu engagieren. Aber es kann nicht schaden, zu fragen. Musikfotograf*innen sind in erster Linie Musikfans und auch wenn du dir nicht zu viele Hoffnungen machen solltest, hast du vielleicht Glück. Vorausgesetzt, du hast was drauf, natürlich.

Vladimirskiy sagt, dass „es so viele berühmte Fotograf*innen gibt, die weniger bekannte Bands abgelichtet haben“, und weist auf Danny Clinch hin, der eng mit Pearl Jam zusammenarbeitet und Johnny Cash und 2Pac fotografiert hat. „Er ist ein Typ, der in die Garderobe von Bruce Springsteen reinmarschieren kann. Oder einfach die Bühne betreten kann, egal, welche Band gerade auftritt“, sagt er. „Ich habe gesehen, wie er Bands fotografierte, bei denen ich dachte: ‚Nie im Leben können die sich Clinch leisten‘. Er macht es aus Leidenschaft. Das klingt vielleicht ein wenig abgedroschen, aber ich glaube, er macht es, weil er meint: ‚Diese Jungs und Mädels verdienen eine Chance. Ich verdiene genug Geld.‘“

Arbeite ein Konzept aus

Vladimirskiy erzählt, dass er seine Vorlieben und persönlichen No-Gos hat und sich jedes Mal ärgert, wenn auf Fotos Gliedmaßen abgeschnitten werden. Aber er räumt ein, dass es keine wirklichen Regeln für ein gutes Foto gibt. Theoretisch ist alles möglich, solange der*die Fotograf*in und der*die Künstler*in eine klare Vision haben, die Sinn ergibt.

„Ich bin kein großer Fan von Flipflops. Wenn jemand Flipflops trägt und durch die Straßen von Manhattan läuft, hätte jemand sagen sollen: ‚Hör mal, ich weiß, das ist dein persönlicher Stil, aber es sieht nicht so geil aus‘. Aber mit Flipflops im Matsch laufen, das ist ziemlich cool. Es ist nur die Kulisse. Es dreht sich wirklich nur um das Foto.“

Aber im Ernst, das hier geht gar nicht

Auch wenn theoretisch alles möglich ist, gibt es ein paar Dinge, die Neulinge laut Vladimirskiy besser vermeiden sollten.

1) Mach keine Fotos vor einer Ziegelmauer

„Alter, ernsthaft, haben wir das nicht schon Millionen Mal gesehen?“

2) Posier nicht wie ein*e „coole*r Rockmusiker*in“

„Es kommt bei Männern vor, es kommt bei Frauen vor“, sagt er. „Ich sage ihnen immer: ‚Kannst du dich nicht einfach entspannen?‘“

3) Konzepte sind toll, aber hör auf deinen gesunden Menschenverstand

„Ich kenne einige Albumcover aus den 80ern und 90ern, bei denen ich mir einfach nur dachte: ‚Hat denn niemand etwas gesagt? Das ist einfach nur schlecht‘, Cover, auf denen die Leute Piratenoutfits tragen.“

4) Suchmaschinen leisten dir gute Dienste

„Informier dich. Entscheide dich nicht einfach für eine*n Fotograf*in, nur weil er*sie berühmt ist. Du solltest ein bisschen nachforschen, denn was ist, wenn er*sie Leichen im Keller hat? Das willst du nicht. Heutzutage ist das ein sehr wichtiger Ratschlag.“

– Michael Tedder

Spotify for Artists hilft dir dabei, die Fanbase aufzubauen, mit der du deine Ziele erreichst.

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