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Tipps für deine psychische Gesundheit

Photo By Christian Kielberg
May 15, 2018

Dein Geist ist wie ein Instrument. So sorgst du dafür, dass er immer richtig gestimmt ist.

Für viele Menschen hat Musik eine heilende Wirkung und sie holen sich darüber emotionalen Support. Das gilt oft besonders für diejenigen, die selbst Musik machen. Aber die Arbeit in dieser Branche ist manchmal paradox. Während es dir wahrscheinlich sehr viel Freude bereitet, deine Musik mit anderen zu teilen, kann es dich auch unter enormen Druck setzen. Touren, finanzielle Ungewissheit und viele Stunden Arbeit zu unkonventionellen Zeiten können deine psychische Gesundheit belasten.

Doch die psychische Gesundheit ist genauso wichtig wie die physische. Auch wenn dies in der Musikbranche nicht immer so Ernst genommen wird, gibt es Anzeichen dafür, dass sich das langsam ändert. Bekannte Künstler*innen wie Shamir, Kate Nash, Benga und Frontfrau von „Joanna Gruesome“, Alanna McArdle, sprechen öffentlich über ihre Probleme mit psychischer Gesundheit. Ihre Stimmen sind Teil einer wachsenden Bewegung innerhalb der Branche, die auf häufig damit verbundene Probleme wie Drogenmissbrauch, Depression und Suizid aufmerksam macht.

Auch wenn viele Musiker*innen ihren Kampf gegen psychische Erkrankungen gewinnen und ihre Erfahrungen teilen können, enden manche Geschichten immer noch tragisch. Zwei besonders schmerzhafte Beispiele sind der Selbstmord des schwedischen DJs Avicii sowie der Tod des Frontmanns von „Frightened Rabbit“, Scott Hutchinson, nach seinem Verschwinden, als er laut seiner Familie emotional eine besonders schwere Zeit durchmachte. Auf eine traurige Weise unterstreichen diese Vorfälle, wie wichtig es ist, über die mentale Gesundheit im Musikbusiness zu sprechen und gegen das Stigma von psychischen Krankheiten vorzugehen.

Die Musikbranche bleibt ein Umfeld voller Herausforderungen, aber es gibt viele Dinge, die Künstler*innen selbst unternehmen können, um sich um ihre psychische Gesundheit zu kümmern. Hier sind ein paar einfache (und teilweise entscheidende) Tipps, damit du geistig gesund bleibst und in deiner Karriere voll und ganz aufgehen kannst.

Hol dir Hilfe

Sei dir darüber im Klaren, dass es Hilfe gibt. Programme in den USA und anderen Teilen der Welt bieten kostenlose oder günstige psychische Gesundheitsberatungen. Einige, wie „Nuçi’s Space“ in Athens im Bundesstaat Georgia, sind speziell auf die Bedürfnisse von Menschen ausgerichtet, die in der Musikbranche arbeiten. Nuçi’s Space ist ein Ressourcenzentrum mit Fokus auf Suizidprävention, das zum Andenken an den Musiker Nuçi Phillips aus Athens gegründet wurde, der Selbstmord begangen hat. The SIMS Foundation in Austin, Texas, hilft Musiker*innen, die passenden Anlaufstellen zur Unterstützung ihrer psychischen Gesundheit zu finden. Auch diese Stiftung wurde zum Andenken eines Musikers gegründet, der sich das Leben genommen hat – Rockstar Sims Ellison aus Austin. Die Hilfsorganisation MusiCares der Recording Academy bietet Musiker*innen finanzielle Unterstützung für die Gesundheitsversorgung, etwa für Psychotherapie oder Suchtbehandlung. „Help Musicians UK“ hat als Teil der Initiative Music Minds Matter eine Support-Hotline bei psychischen Problemen für Menschen in der Musikindustrie eingerichtet, die rund um die Uhr verfügbar ist.

Vollzeit-Musiker*innen haben häufig keine Krankenversicherung, was sie daran hindern kann, sich bei Bedarf Hilfe zu holen. Lily Courtney ist Klinikmitarbeiterin bei „The SIMS Foundation“. Sie berichtet, dass viele gar nicht wissen, dass eine Reihe von Organisationen für mentale Gesundheit und Beratungsstellen die Kosten für nicht versicherte Patient*innen mit niedrigem Einkommen senken. „Die meisten Städte bieten eine Therapie mit gestaffelten Kosten, die je nach Einkommen angepasst werden. Jeder kann auf einen Computer zugreifen. Googelt einfach mal ‚Therapie mit Preisstaffelung‘. Von diesen Behandlungsangeboten gibt es sehr viele und sie kosten zwischen 5 und 50 $ pro Sitzung“, erklärt sie und fügt hinzu, dass an Universitäten auch häufig ermäßigte Beratungsdienste von Absolventen eines Psychologiestudiums angeboten werden.

Lesley Cobbs ist Beratungsanwältin bei „Nuçi’s Space“. Sie empfiehlt, sich bereits im Vorfeld über Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren, noch bevor Hilfe gebraucht wird. Das gilt besonders, wenn du unter einer psychischen Krankheit leidest, und auf jeden Fall, bevor du auf Tour gehst. „Die meisten Bundesstaaten bieten eine Hotline bei psychischen Problemen. Such die Nummer für deine Region heraus, während es dir psychisch gut geht. An schlechten Tagen hast du sie dann griffbereit“, rät sie.

Gib auf dich Acht

Viele Künstler*innen sind am glücklichsten, während sie auf Tour sind. Es kann ein großartiges Erlebnis sein, jeden Abend seiner Leidenschaft nachzugehen. Liveauftritte sind außerdem die Haupteinnahmequelle für viele professionelle Musiker*innen. Aber straffe Zeitpläne können anstrengend und auch psychisch belastend sein. Courtney beobachtet das bei ihren Patient*innen ständig. „In dieser Branche sind Musiker*innen dauernd auf Tour, ihr Schlafrhythmus ist völlig durcheinander, ihre Essgewohnheiten sind alles andere als ideal und sie treiben keinen Sport. Zudem sind unterwegs viele Dinge nicht möglich, die sie sonst nutzen, um Stress zu bewältigen“, erklärt sie. Wenn Musiker*innen bereits mit Depressionen und Angstzuständen zu kämpfen haben, können mangelnder Schlaf und unzureichende Ernährung die Situation zusätzlich verschlechtern.

Courtney ist nicht nur zugelassene Beraterin, sondern war früher selbst als Musikerin auf Tour. Daher weiß sie, wie schwer es sein kann, unterwegs auf sich selbst Acht zu geben – aber auch, wie wichtig das ist. Sie rät, sich darauf zu konzentrieren, wo immer möglich gesunde Entscheidungen zu treffen. „Ich würde weniger darauf achten, was ich nicht essen sollte, sondern eher darauf, auch ein bisschen Obst und Gemüse einzubauen. Denk nicht ‚Ich darf dieses Stück Pizza nicht essen‘, wenn sonst nichts da ist. Sogar an Tankstellen gibt es in der Regel zum Beispiel eine Banane oder einen Apfel“, sagt sie.

Ein weiterer Tour-Tipp von Courtney ist, Tagebuch zu führen und andere Möglichkeiten zu finden, einen ganz persönlichen Ort zu haben – zumindest mental. Nimm dir Zeit für dich, um mit dem emotionalen Druck auf Tour klarzukommen. Sie schlägt vor: „Wenn du viel unterwegs sein wirst, achte darauf ein gutes Buch mitzunehmen und eine Art meditative Übung in Petto zu haben. Das kann alles sein, von 10 Minuten still sitzen und sich auf deine Atmung konzentrieren, bis hin zu einem Spaziergang, bei dem du besonders auf deine Umgebung achtest.“

Über ihr Unternehmen The Unicorn Mothership arbeitet Holistic Coach Eline Van Audenaerde mit DJs und Musiker*innen aus dem Elektrobereich daran, ihre Belastbarkeit auszubauen und mit den Herausforderungen ihres Berufs umzugehen. Ihre Kund*innen haben teilweise Auftritte in den frühen Morgenstunden, aber sie versucht, ihnen dennoch einzutrichtern, wie wichtig eine gesunde tägliche Routine ist. „Ich rate ihnen immer, morgens aufzustehen, auch wenn sie nur ein paar Stunden Schlaf hatten, und zu versuchen, zu frühstücken und den Tag anzugehen. Sie sollen etwas unternehmen und Menschen treffen, damit sie tagsüber so etwas wie einen normalen Alltag haben. Dann macht es Sinn, früh schlafen zu gehen oder nachmittags ein Nickerchen zu machen“, erklärt sie.

Stecke dir Ziele

Laut Van Audenaerde heißt das Zauberwort in Bezug auf Belastbarkeit in der Musikindustrie „Ziele“. Sie behauptet, dass Belastbarkeit bedeutet, „sich wirklich bewusst zu werden, wer du bist, wo deine Ziele liegen und – noch entscheidender – welche Werte dir wichtig sind.“ Diese Art von Klarheit kann dir helfen, auch in schwierigen Situationen fokussiert zu bleiben, die richtigen Entscheidungen zu treffen und dich nicht überwältigen zu lassen.

Sobald du dir über deine Ziele im Klaren bist, liegt der Schlüssel darin, diese zu erreichen, im Zeitmanagement. Van Audenaerde ist der Überzeugung, dass praktische Dinge dabei viel bewirken. Erstelle etwa einen festen Plan für deine Arbeit im Studio und halte dich daran, auch wenn du Musik mit einem Tagesjob vereinbaren musst. „Sorge dafür, dass du deinen Terminkalender im Griff hast“, rät sie. „Stecke dir klare Ziele für das Jahr. Wann möchtest du mit diesem Album fertig werden? Wie viele Gigs möchtest du spielen?“ Wenn du eindeutig festlegst, was dir wichtig ist, und entsprechend handelst, wirst du produktiver. Und das kann glücklich machen.

Versuche, deinen Kopf frei zu bekommen

Wenn sich etwas an der Musikbranche negativ auf dein psychisches Wohlergehen auszuwirken scheint, macht es vielleicht Sinn, einen ganz anderen Ansatz zu finden. Rachel Lightner singt, schreibt und spielt Gitarre in der Band Nervous Dater. Sie singt häufig von ihren persönlichen Problemen mit Angst und Depressionen. In ihrer anfänglichen Zeit als nicht binäre Musikerin in einer von Männern beherrschten Punkszene fühlte sie sich abwechselnd unsichtbar und als Quotenfrau missbraucht, wenn ihre Band mit einer weiblichen Frontsängerin als etwas Besonderes beworben wurde. „Das hat mir enorm zu schaffen gemacht. Ich fühlte mich zurückgewiesen und dachte, ich würde nie akzeptiert werden“, erinnert sie sich. Sie konnte jedoch das Blatt wenden, indem sie sich an diverse Musiker*innen gewandt hat, mit denen sie sich verbunden fühlte, und eine positive Community mit ihnen aufgebaut hat.

„Wir haben einfach angefangen, zu Shows zu gehen und nach Menschen zu suchen, von denen wir dachten, dass sie nach uns klingen. Wir waren alle Newcomer*innen und dann haben wir begonnen, diese Shows im Keller eines Cafés in Brooklyn zu geben – so ist unsere kleine Szene entstanden. Die Bühne mit weiblichen Musikerinnen – und allen Gruppen in der Minderheit – ist für mich eine große Erleichterung und Inspiration. Wir haben uns alle gegenseitig sehr viel Mut gemacht. Sonst wären wir nicht da, wo wir jetzt sind“, schwärmt sie. Wenn du deinen Ansatz auf eine solche Weise änderst, kann das nicht nur wichtig sein, damit du als Künstler*in überlebst, wie Lightner es erlebt hat – es kann auch die Welt verändern, oder zumindest einen kleinen Teil davon.

The National Suicide Prevention Lifeline in den USA haben die Telefonnummer 1-800-273-8255.

Samaritans im Vereinigten Königreich erreichst du unter 116 123.

– Beverly Bryan

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